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Rügen-Urlauber geschockt:

Unbekannter erschießt Tiere vor ihren Augen

Altefähr. Mit ihrem Rügen-Urlaub werde sie wohl für immer die Bilder der getöteten und leidenden Tiere verbinden, sagt Janine Dontsch. Die junge Frau war Anfang Juni mit ihrer Familie aus Windeck in Nordrhein-Westfalen auf die Insel gekommen und hatte ein Ferienhaus in Altefähr bezogen. „Das war unser erster gemeinsamer Urlaub nach sieben Jahren“, sagt sie. Studium, Ausbildung, Corona und Urlaubssperren hätten eine gemeinsame Planung bis dahin unmöglich gemacht.

„Eines Morgens saßen wir dann vor unserem Ferienhaus am Sonnengarten und hörten knallende Geräusche, die wir nicht zuordnen konnten“, erzählt Janine Dontsch. Als sich das Szenario am folgenden Tag wiederholte, habe sich der Lebensgefährte ihrer Mutter ein Bild machen wollen und sei in Richtung der Lärmquelle gegangen. Es habe sich allem Anschein nach um Schüsse – vielleicht aus einer Luftdruckwaffe – gehandelt, die aus einer auf dem Nachbargrundstück gelegenen Hütte gekommen sein könnten. Zudem habe er mehrere Krähen vom Baum fallen sehen. Außer einem Mann, der anschließend aus ebenjener Hütte gekommen sei, sei weiter niemand zu sehen gewesen.

Polizei ermittelt wegen Verstoßes gegen Tierschutz- und Waffengesetz
„Als wir unter dem Baum, auf dem die Vögel gesessen hatten, nachsahen, fanden wir neben einigen toten Tieren auch eine Krähe, die noch am Leben war, röchelnd und leidend“, erzählt Janine Dontsch. Weil der örtliche Tierarzt nicht erreichbar gewesen sei, hätten sie das verletzte Tier zu einem Tierarzt auf dem Festland gebracht. Der Veterinär habe das schwer verletzte Tier jedoch nur noch einschläfern können.
Einen verletzten Vogel brachte die Familie zu einem Tierarzt, der ihn aber nur noch einschläfern konnte.
Das Ganze habe sich noch einmal wiederholt, weil sie nach ihrer Rückkehr ein weiteres verendendes Tier vorgefunden hätten. „Danach war für uns der Urlaub vorbei; ein Urlaubsgefühl wollte nicht mehr aufkommen.“ Ihre geschockte Familie habe die Polizei gerufen und Anzeige erstattet. „Die alarmierten Polizeibeamten fanden verletzte und tote Tiere“, bestätigt Polizeisprecherin Ilka Pflüger. Die Polizei ermittelt nun wegen Verstoßes gegen Tierschutz- und Waffengesetz.
Schütze verstößt gleich gegen mehrere Gesetze
Thomas Nießen ist Vorsitzender des Rügener Jagdverbands und zählt gleich mehrere Gründe auf, aus denen der Täter oder die Täterin rechtswidrig handelte. „Derzeit herrscht Brut- und Setzzeit und in dieser Zeit darf schon mal gar nicht gejagt werden“, so Nießen. Zudem seien die Taten in einer Ortslage erfolgt. In einem befriedeten Bereich wäre aber in jedem Fall eine behördliche Ausnahmegenehmigung Voraussetzung.“
Selbst wenn diese Voraussetzungen erfüllt gewesen wären, hätte die offenbar eingesetzte Luftdruckwaffe die Voraussetzungen des Gesetzgebers nicht erfüllt, „weil die Energie zu gering“ sei. Mit anderen Worten: Eine Luftdruckwaffe kann ein Tier allenfalls verletzen, in der Regel aber nicht töten, was zu zusätzlichem Leid führt.
Um welche Art Waffe es sich handelte, sei bislang unklar. Es sei aber grundsätzlich verboten, Druckluftwaffen in der Öffentlichkeit zu tragen oder zu verwenden, heißt es aus der Waffenbehörde des Landkreises. „Bei der Verwendung auf befriedetem Besitztum muss sichergestellt sein, dass das Geschoss das Grundstück nicht verlässt.“
Öffentliches Interesse hilft, das Erlebnis zu verarbeiten
Tierquälerei ist ein Straftatbestand und wird § 17 Tierschutzgesetz Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft, wer ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund tötet oder ihm aus Rohheit erhebliche Schmerzen oder Leiden oder länger anhaltende oder sich wiederholende Schmerzen oder Leiden zufügt. So hat beispielsweise ein Jäger, der seiner Verpflichtung nach § 22 a Bundesjagdgesetz (unverzügliche Erlegungspflicht, um krank geschossenes Wild vor vermeidbaren Schmerzen oder Leiden zu bewahren) nicht nachkam, einen Strafbefehl in Höhe von 9000 Euro erhalten.
Dass sich so viele Menschen auf der Insel für ihr Erlebnis interessieren, tröstet Janine Dontsch ein wenig. „Wenn klar wird, dass es nicht rechtens ist, die Vögel zu töten, hilft es mir, das Erlebnis zu verarbeiten. Gerade auf Rügen möchten die Menschen doch in der ruhigen Natur Urlaub machen.“

Quelle: Ostseezeitung