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Neue Tierschutz-Regel:

Darum steht die Polizei in MV derzeit ohne Schutzhunde da

DiensthundeEine neue Tierschutz-Regel stellt die Polizei in MV vor Probleme. Ihre Schutzhunde werden mit Stachelhalsbändern ausgebildet – die sind nun aber verboten. Die Gewerkschaft fordert eine Ausnahme. So verteidigen die unterschiedlichen Parteien ihre Positionen.

Rostock/SchwerinRostock/Schwerin
Normalerweise unterstützen Schutzhunde die Polizei in Mecklenburg-Vorpommern bei Demonstrationen, Fußballspielen oder Festnahmen – doch das ist derzeit nicht mehr erlaubt. Seit Jahresbeginn gilt in Deutschland eine strengere Tierschutz-Hundeverordnung. Das hat massive Auswirkungen auf den Dienstalltag. Bis eine entsprechende Lösung gefunden sei, pausiere der Einsatz der Tiere in der Spezialisierung „Schutzhund“, heißt es aus dem Innenministerium.

Vom aktualisierten Regelwerk sind ausschließlich die Schutzhunde der Polizei betroffen. Denn es verbietet unnötige Schmerzen bei Ausbildung, Training und Erziehung. Allerdings setzt die Polizei bei diversen Einsätzen Stachelhalsbänder ein, damit diese Hunde etwa von dingfest gemachten Verdächtigen ablassen. Spür- und Suchhunde, die mit ihrem Geruchssinn Drogen, Sprengstoff oder Menschen finden können, werden hingegen anders ausgebildet und geführt. Für sie ändert sich nichts. Landesweit gibt es 51 Diensthunde in MV – 39 von ihnen haben die Spezialisierung „Schutz“.

Polizeigewerkschaft MV: „Wir können auf die Hunde nicht verzichten“
„Der Ausfall dieser Diensthunde lässt sich nicht kompensieren. Das ist realitätsfremd“, sagt der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei MV (GdP), Christian Schumacher. „Wir können auf die Tiere nicht verzichten.“ Er wehrt sich gegen den Vorwurf, dass die Polizisten ihre Hunde quälen würden. „Der Diensthund ist wie ein Kollege, schließlich soll er den Diensthundeführer – auch wenn er angegriffen wird – schützen. Der Einsatz des Stachelhalsbandes ist das letzte Mittel, zu dem gegriffen wird“, erklärt Schumacher.Das bestätigt auch das Innenministerium MV: „Die Hunde sind so gut ausgebildet, dass sie auf die Befehle ihres Hundeführers ad hoc reagieren. Es ist dennoch nicht 100-prozentig ausschließbar, dass ein Hund, der auf Befehl seines Führers einen aggressiven Täter angeht, einmal nicht auf denverbalen oder akustischen Befehl ‚zum Rückzug‘ hört. Nur für diesen Fall wurden die Stachelhalsbänder benutzt“, teilt Sprecherin Renate Gundlach mit. Auch in der Ausbildung basieren die Methoden hauptsächlich auf der sogenannten positiven Verstärkung und der Klickerarbeit.

Bundesländer interpretieren Tierschutzverordnung unterschiedlich
Wie GdP-Chef Schumacher betont, sind die Polizeigewerkschaften nun dabei, eine Gesetzesänderung für die Polizeihunde zu erwirken. „Denn für die Polizisten als Ordnungshüter ist diese Situation belastend. Sie wollen natürlich keine Straftat begehen, aber alle sind unsicher, was nun genau gilt“, sagt er. Auch beim Innenministerium in MV sind noch einige Fragen offen: „Wie sollen die in bestimmten Fällen unverzichtbaren Diensthunde dann noch eingesetzt beziehungsweise adäquat ersetzt werden? Es ist unser Bestreben und das der anderen Bundesländer, diese Fragen möglichst einvernehmlich zu klären“, sagt Renate Gundlach.

Ausbildung von Diensthunden in MV
Die Ausbildung
der Schutzhunde dauert in MV mindestens vier Monate. Im ersten Abschnitt findet die Grundausbildung auf dem Hundeplatz statt. Diese Ausbildung ist stark an den Hundesport angelehnt und endet mit einer Prüfung in den Bereichen Unterordnung und Schutzdienst. Im zweiten Ausbildungsabschnitt wird der Diensthund an die polizeispezifischen Anforderungen herangeführt. Insbesondere werden die Hunde auf Versammlungs und Demonstrationslagen sowie Fußballspiele vorbereitet, aber auch auf taktische Vorgehensweisen bei Festnahmen in Gebäuden und Räumen. Nach dieser Ausbildung findet sowohl für die Spezialisierung „Schutz“ als auch für die sonstigen Spezialisierungen eine ständige Aus und Fortbildung in den Diensthundegruppen statt. Ohne diese ist ein sicheres Führen langfristig nicht zu gewährleisten, heißt es vom Innenministerium. Jährlich werden circa zehn Diensthundeführer mit Hund an der Diensthundeschule der Landespolizei in Klinken (Ludwigslust Parchim) ausgebildet. Zurzeit arbeiten an dieser vier hauptamtliche Lehrwarte. Vier weitere Diensthundeführer unterstützen die Ausbildung in den Diensthundegruppen als Helfer für dezentrale Ausbildung.

Denn auch in den anderen Bundesländern sorgt die neue Tierschutzverordnung für Verwirrung: Berlin interpretiert die Verordnung inzwischen so, dass das Verbot nur die Ausbildung betrifft. Nun sind die 49 aus dem Dienst genommenen Hunde wieder im Einsatz. Die Polizei in Brandenburg zeigte sich hingegen von der neuen Verordnung komplett unberührt. „Wir sehen keine Verbindlichkeit der Anwendung dieser Verordnung auf das Diensthundewesen der Polizei“, sagte ein Sprecher des Polizeipräsidiums.

Tierschutzbund MV: „Es ist keine Sonderregelung notwendig“
Kerstin Lenz, Landesvorsitzende des Tierschutzbundes in MV, begrüßt hingegen die strengeren Regeln für Hunde in der Tierschutzverordnung. „Um ein Tier gefügig zu machen, braucht es keine Schmerzen“, sagt sie. Dass die Polizei in MV auf den weiteren Einsatz der Stachelhalsbänder besteht, kann die Tierschützerin nicht nachvollziehen. „Es ist keine Sonderregelung für Diensthunde notwendig, weil es andere Methoden gibt, bei denen das Tier keine Schmerzen verspürt. Wenn der Mensch darauf angewiesen ist, macht er etwas falsch“, betont Kerstin Lenz.
Das zeigt auch ein Blick nach Nordrhein-Westfalen: „Die Polizei NRW verzichtet bei der zentralen Fortbildung bereits seit mehreren Jahren erfolgreich auf den Einsatz von Stachelhalsbändern. Insbesondere bei Hunden aus der landeseigenen Zucht, bei denen von Anfang an die Wege der Konditionierung bestimmt werden können, ist eine Aus- und Fortbildung mit positiver Verstärkung regelmäßig erfolgreich“, teilte eine Sprecherin des Innenministeriums Nordrhein-Westfalens mit.

 Quelle Ostseezeitung