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Blindenhund Hans in Boltenhagen

mehrfach attackiert: Besitzer weiß nicht weiter

Fridolin

Peter Henning aus Boltenhagen (Nordwestmecklenburg) ist so gut wie blind und im Alltag auf seinen Labrador Hans angewiesen. Der Vierbeiner wurde jedoch schon zwei Mal attackiert: Erst fraß er einen Giftköder, nun wurde die Fußmatte vor Hennings Wohnung mit Chlor getränkt. Wer im Verdacht steht – und warum die Polizei nichts tun kann.

Boltenhagen
Hans ist ein Hund, genau genommen ein Labrador-Rüde, der noch viel mehr ist als ein tierisches Familienmitglied, ein Begleiter und ein Seelentröster. Hans ist Blindenführhund und hat damit die wichtige Aufgabe, seinen Besitzer Peter Henning sicher durch seinen Wohnort Boltenhagen zu begleiten. Mehrfach wurde der Vierbeiner in diesem Jahr schon Opfer von Attacken.
Vergiftung mit Spültabs
Im Januar war es eine Vergiftung. Auch andere Hunde im Ostseebad hatten zu der Zeit Giftköder gefressen. Hans hatte offenbar in direkter Umgebung des Mehrfamilienhauses im Ostseering etwas verschlungen, in das etwas blaues – möglicherweise ein Tab für eine Spül- oder Waschmaschine – gesteckt worden war. „Ich war alleine mit ihm draußen, weil er sich nach seiner Arbeit auch immer etwas lockern und austoben muss“, erzählt Peter Henning, dessen Augenlicht aufgrund einer Erkrankung bis zur völligen Blindheit schwindet und der auch sein Gehör verliert.
Auf dem Rückweg zur Wohnung habe er zwar bemerkt, dass der Hund etwas abseits war, aber nicht, dass er etwas gefressen hatte. „Aber er ist ein Labrador, die fressen zu gerne“, sagt Henning.
Tierarzt kämpfte um das Hundeleben
Erst seine Lebensgefährtin Ute Becker bemerkte etwas später in der Wohnung, dass der Hund sich merkwürdig verhält. Er schluckte und hechelte viel. Als sie mit Hans schließlich vor die Tür ging, brach der Hund mit Krämpfen zusammen und spuckte blauen Schaum.Blindenhund2

Das Wohnhaus von Peter Henning und seinem Blindenhund Hans am Ostseering in Boltenhagen. Sie sind 2020 dort eingezogen. Quelle: Malte Behnk
Glücklicherweise konnte der Boltenhagener Tierarzt Torsten Rieckhoff schnell hinzugezogen werden. Er legte einen Tropf an und leerte den Magen des Hundes, wobei weitere blaue Krümel zu Tage kamen, die chemisch rochen. Einige Wochen kämpfte der Tierarzt um das Leben von Hans, der sich langsam erholte.
Polizei findet keinen Täter
„Selbstverständlich habe ich diese Vergiftung bei der Polizei angezeigt“, sagt Peter Henning. Allerdings kam Anfang Mai die Mitteilung der Staatsanwaltschaft, dass das Verfahren eingestellt wurde. Es habe kein eindeutiger Täter, der bewusst Gift für Hunde verteilt hatte, ermittelt werden können. „Etwa zu der Zeit an einem regnerischen Tag kam ich mit Hans nach Hause und habe ihm vor meiner Wohnungstür auf der Fußmatte die Pfoten sauber gemacht“, berichtet Peter Henning.
„Da brüllte dann die Nachbarin von gegenüber aus ihrer Tür, dass ich den Hund gefälligst in meiner Wohnung sauber machen soll. Der Schmutz würde zu ihr rüber ziehen und ich solle mich auf etwas gefasst machen“, erinnert sich Henning emotional.
Kontakt zu Tierärzten und Polizei
Wer etwas findet, das wie ein Giftköder aussieht, sollte die Polizei anrufen.
Sie ist in Grevesmühlen unter 038 81 / 72 00 erreichbar.
Wer den Verdacht hat, dass sein Hund Gift gefressen habe, sollte möglichst schnell einen Tierarzt aufsuchen, der den Hund zum Erbrechen bringt.
Dr. Torsten Rieckhoff in Boltenhagen:
038 825 / 23 102 oder 0172 / 310 40 32
Dr. Carsten Schmoldt in Klütz:
038 825 / 22 333 oder 0177 / 59 780 14
Dr. Ina Rheker in Goldbeck bei Klütz:
038 825 / 26 50 90 oder 0171 / 155 75 23
Sonderregeln für Blindenführhunde
Er räumt ein, dass es Situationen gibt, in denen sich Menschen über ihn und Hans ärgern könnten. Zum Beispiel kann er selber nicht sehen, wenn der Hund ein großes Geschäft verrichtet und den Haufen dementsprechend auch nicht beseitigen. Laut Hundehalterverordnung wäre er davon sogar befreit. „In der Regel begleitet mich aber meine Freundin und sammelt das dann ein“, sagt Peter Henning.
Auch haben die Blindenführhunde eine Sondergenehmigung, um an den Strand in Boltenhagen zu gehen. Sie sind nicht auf die Hundestrände beschränkt. Aber das sind keine Gründe, Tiere zu verletzen oder zu vergiften.
Hans wurde an den Pfoten verätzt
„Drei Tage später roch es dann extrem nach Chlor im Treppenhaus und ich dachte, da hätte es wohl jemand besonders gut beim Putzen gemeint“, schildert Henning, der den Geruch sonst nicht einordnen konnte. Als er vom Spaziergang mit seinem Hund zurückkam, ließ er Hans wie immer auf der Fußmatte sitzen, bevor sie in die Wohnung gingen.
„Als meine Freundin später kam, erkannte sie erst, dass die ganze Fußmatte voller chlorhaltiger Flüssigkeit war. Wir stellten dann auch fest, dass Hans Verätzungen an den Pfoten und am Hinterteil hatte und haben ihn direkt mit klarem Wasser abgeduscht“, berichtet der Hundebesitzer, der die Verletzungen ohne seine Partnerin vermutlich nicht erkannt hätte.Blindenhund3

Verdacht auf die Nachbarin
Sie haben die Nachbarin in Verdacht und haben das auch der Polizei mitgeteilt, die ermittelte. Die Fußmatte wurde zur Untersuchung mitgenommen und die Nachbarin befragt. Sie behauptete aber, lediglich das Treppenhaus geputzt zu haben.
Absichtlich will sie die Fußmatte von Peter Henning nicht mit Chlor getränkt haben. Daher wurden auch diese Ermittlungen eingestellt. „Aber schon kurz nach dem Vorfall war erneut Chlor auf unserer Fußmatte“, sagt Henning. Das hatte seine Lebensgefährtin aber rechtzeitig erkannt.
Angst alleine auf der Straße
Die Attacken gegen seinen Hund Hans treffen Peter Henning in verschiedener Weise. „Er ist ein Lebewesen mit einer Seele, auch wenn rechtlich von einer Sachbeschädigung gesprochen wird. Ein Tier so zu quälen, ist nicht fair.“ Doch es geht ihm auch um sich selber.
„Ich bin ein gestandener Mann von über 60 Jahren, aber wenn ich mit Hans alleine draußen bin, bin ich inzwischen manchmal ängstlich, weil ich keine Menschen erkenne und nicht weiß, wer sich mir gerade nähert.“
Sehbehindertenverband steht hinter beiden
Um für mehr Verständnis für sich und seinen Blindenführhund zu werben, hat Peter Henning im Mehrfamilienhaus einen Brief verteilt, in dem sich Hans mit all seinen Aufgaben bei den Nachbarn vorstellt und in dem auch geschildert wird, was ihm passiert ist, seit Peter Henning und sein Hund vor etwas mehr als einem Jahr in das Haus einzogen.
Die Resonanz war bisher eher gering. Aber Henning hat Unterstützung von Ute Schmidt, die sich im Blinden- und Sehbehindertenverband engagiert. Der Verband hatte angeregt, sich mit so einem Flyer direkt an die Nachbarschaft zu wenden. „Wir stehen alle hinter Peter und Hans“, sagt Ute Schmidt.
Hoffen auf friedliche Nachbarschaft
Auch an die Wohnungsgenossenschaft, zu der das Wohnhaus im Ostseering gehört, hat sich Peter Henning gewandt und seine Sicht auf das Nachbarschaftsverhältnis geschildert. Er hofft, dass einmal klärende Gespräche mit der Nachbarin geführt werden können, zumal Hans nicht der einzige Hund in dem Mietshaus ist.
Bislang hat die Nachbarin nach OZ-Informationen Gesprächsangebote aber abgelehnt. Zumindest wünscht sich Peter Henning, dass es keine weiteren hinterhältigen Angriffe auf seinen Hund gibt, der im Alltag des stark eingeschränkten Mannes nicht ersetzbar ist.

Quelle: Ostseezeitung