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Alt-Tellin: Brandschutzvorgaben in

Mega-Ferkelfabrik schon lange in der Kritik

AltTEllin6Die Schweinezuchtanlage in Alt Tellin ist schon häufiger in negative Schlagzeilen geraten. Eine Bürgerinitiative, die seit Beginn gegen die Ferkel-Fabrik demonstriert, zog damals vor Gericht. Unter anderem auch wegen unzureichender Brandschutzauflagen. Auch Tierschutzbund und Nachbargemeinden kritisieren den Betrieb.

Alt Tellin Flammendes Inferno am Dienstag in Alt Tellin: Riesige Rauchschwaden, davor tausende Schweine, die versuchen, dem Feuer zu entkommen. Die Schweinezuchtanlage in Alt Tellin im Landkreis Vorpommern-Greifswald ist in Brand geraten. Sie zählt zu den größten Schweinezuchtbetrieben Europas, mehr als 10 000 Sauen und 36 000 Ferkel werden dort gehalten.

Die Anlage war 2012 in Betrieb gegangen, schon vorab hatte sich Widerstand von Tier- und Umweltschützern und den Nachbargemeinden geregt. Seitdem kämpft eine Bürgerinitative gegen die Ferkelfabrik – bis zur Klage vor dem Verwaltungsgericht. Die Kritik hält bis heute an.

Haltungsbedingungen verstoßen gegen Tierschutzrecht
Aus Sicht der Kläger verstoßen die Haltungsbedingungen gegen das Tierschutzrecht. So sei bei einem Brand die Rettung der Schweine nicht vorgesehen. Auch von der Biogas-Anlage gehen nach Ansicht eines Gutachters gravierende Gefahren aus. Genau diese Kritikpunkte haben sich am Tag des Infernos offenbar bewahrheitet. Regelmäßig demonstrierte die Bürgerinitiative vor der Anlage und auch für morgen, den 31. März, rufen sie zu einer Gedenkaktion vor der Einfahrt zum Betrieb auf.

Betreiber der Anlage ist die Landwirtschaftliche Ferkelzucht Deutschland (LFD) Holding, die als einer der größten deutschen Schweinezuchtbetriebe gilt. Sie war 2020 von der Schweizer Terra Grundwerte AG übernommen worden. In sechs Bundesländern betreibt LFD-Holding mehrere Ferkelzucht-Betriebe. Den größten davon in Alt Tellin. Insgesamt gab es dort zwei Stallreihen mit je neun Ställen. Dort wurden nach Angaben der Betreiber 10 000 Muttersauen gehalten, die Tausende Ferkel werfen und eine Zeit lang aufziehen.

Schon im Vorjahr 2020 mehr als 1000 verendete Schweine
Der niederländische Unternehmer Adrianus Straathof, der die Schweinezuchtanlage bauen ließ, sahb sich immer wieder mit negativen Schlagzeilen konfrontiert. Ihm wurde unter anderem vorgeworfen, gegen das Tier- und Brandschutz- sowie gegen das Arzneimittelgesetz zu verstoßen. Mehrfach verhängten die Behörden Bußgelder gegen das Schweine-Imperium. Im Dezember 2014 wurde gegen ihn persönlich in Sachsen-Anhalt ein Tierhaltungsverbot verhängt. In der Folge hat er sich anscheinend aus dem Unternehmen zurückgezogen. Er setzte einen Treuhänder und mehrere andere Geschäftsführer ein, darunter einen seiner Söhne.

Im vergangenen Jahr war die Anlage in Alt Tellin wegen einer defekten Belüftungsanlage in die Schlagzeilen geraten. Im August 2019 verendeten auf einen Schlag mehr als 1000 Schweine im Stall. Die Belüftungsanlage wies demnach eine „individuelle Konstruktionsschwäche“ auf, wie ein ein Sprecher der LFD-Holding damals mitteilte. Nur durch das „unwahrscheinliche Auftreten vieler Faktoren“ zur gleichen Zeit sei es zu dem Vorfall gekommen.

Kritik von Tierschutz und Nachbargemeinden
Kritik kommt auch vom Deutschen Tierschutzbund. „Wir erleben hier eine Katastrophe für tausende Tiere, die qualvoll ersticken oder bei lebendigem Leib verbrennen“, berichtete Kerstin Lenz, Vorsitzende des Landesverbands Mecklenburg-Vorpommern des Deutschen Tierschutzbundes, von den Zuständen vor Ort. „Uns ist zudem bekannt, dass bereits seit Jahren große Bedenken bezüglich des Brandschutzes in der Anlage Alt Tellin bestanden“, sagt Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes. „Grundsätzlich wird trotz bauordnungsrechtlicher Anforderungen noch nicht genug dafür getan, solche Tragödien auf den Anlagen zu verhindern oder ihr verheerendes Ausmaß zumindest zu beschränken.“

Der stellvertretende Bürgermeister des Nachbarortes Daberkow ist der gleichen Meinung und kritisiert die Genehmigungsbehörden. „Diese Anlage mit 10 000 Muttersauen und etwa 25 000 Ferkeln hätte wegen des Brandschutzes in der Größe gar nicht genehmigt werden dürfen“, sagte Thomas Kröchert. Es sei eine Schande, dass nun Tiere deshalb verenden müssten. Kröchert ist selbst Landwirt und bewirtschaftet Flächen in unmittelbarer Nachbarschaft der Anlage.

Es gehe nicht darum, Schweinehaltung generell zu verhindern, sagte der Landwirt weiter. Nur die Größe der Ferkelaufzuchtanlage, die dicht an Daberkow steht, sei nicht akzeptabel. „Die meisten Auswirkungen, wie ständige Gülle- und Tiertransporte, müssen die Nachbardörfer ertragen.“

Quelle Ostseezeitung