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Schweine in Neuruppiner

Schlachthof massiv misshandelt

SchweineAuf heimlich gedrehten Videos aus einem Schlachthof mit Biosiegel in Neuruppin sind schwerste Misshandlungen von Schweinen zu sehen. Das Unternehmen räumte die Vorwürfe ein und zog bereits erste Konsequenzen.

Neuruppin. Die Schweine werden getreten, geworfen und mit Harken geschlagen. Die Elektrozange zur Betäubung der Tiere vor ihrer Schlachtung wird zu spät angesetzt: Die Schlachtung erfolgt bei vollem Bewusstsein. Im August 2020 heimlich gedrehte Videos des „Deutschen Tierschutzbüros“, die in dieser Woche veröffentlicht wurden, zeigen, wie in einem Bio-zertifizierten Schlachthof in Neuruppin (Kreis Ostprignitz-Ruppin) eklatant gegen den Tierschutz verstoßen wird.

„Die Aufnahmen zeigen immer wieder Tiere, die sich sehr heftig bewegen, nach Luft schnappen und den Kopf bewusst bewegen“, sagt der Vorstandsvorsitzende des „Deutschen Tierschutzbüros“, Jan Pfeifer. „Diese Tiere sind weder betäubt noch tot, sondern sie erleiden Höllenqualen.” Das Tierschutzbüro habe den Schlachthof deswegen angezeigt.

Vorwiegend werden Bioschweine geschlachtet

Bei dem Schlachthof handelt es sich um das Unternehmen „Emil Färber GmbH“, das seinen Hauptsitz im sächsischen Belgern-Schildau hat. Es schlachtet an seinem Standort in Neuruppin vorwiegend Bioschweine, beteiligt sich an der Initiative „Tierwohl“ und beliefert nach Angaben des Deutschen Tierwohlbüros auch die Supermarktkette „Bio-Company“.

Unternehmen räumt Vorwürfe ein
Auf eine Anfrage dieser Zeitung reagierte der Betrieb am Mittwoch umgehend und räumte die Vorwürfe der Tierschützer ein. „Wir haben vor kurzem heimlich gedrehte Videoaufnahmen des Tierschutzbüros zur Kenntnis nehmen müssen“, heißt es in einer Stellungnahme des Schlachthofs. „Die Aufnahmen zeigen, dass es tatsächlich in unserem Betrieb in Neuruppin vor einigen Monaten Probleme bei Zutrieb und Betäubung gab, weil dort eingesetzte Mitarbeiter nicht den internen Vorschriften entsprechend gearbeitet haben.“

Das Unternehmen bedauere das außerordentlich und sei „noch heute schockiert über diese Aufnahmen“. „Ein solches Verhalten entspricht in keiner Weise unserer Firmenphilosophie und den Richtlinien, nach denen unsere Mitarbeiter geschult werden und zu arbeiten gehalten sind.“ Tierschutz habe in dem Betrieb einen hohen Stellenwert.

Man verurteile das Fehlverhalten, habe die betreffenden Mitarbeiter entlassen und Strafanzeige gegen sie gestellt. Zudem sei in der Schlachtung eine Videoüberwachung installiert und die Betäubeaufzeichnung erneuert worden.

Doch ob das reicht, das durch die Aufnahmen des Tierschutzbüros verloren gegangene Vertrauen vieler Bio-Kunden zurückzugewinnen? Das Tierschutzbüro, das seinen Unterstützern generell eine „vegane Lebensweise“ empfiehlt, weist darauf hin, dass sich das Unternehmen schon früher „als Saubermann“ dargestellt habe.

Grünen-Politiker fordert weitere Aufklärung
„Ob klein, regional oder groß und weit weg, kein Tier geht freiwillig in einen Schlachthof und kein Tier will sterben“, sagt Pfeifer. Weitere Aufklärung fordert auch der Fraktionsvorsitzende und Landwirtschaftsexperte der Landtagsfraktion der Brandenburger Grünen, Benjamin Raschke. „Die Zustände in den Videos sind nicht diskutabel und für einen Biobetrieb unverantwortlich“, sagt der Grünen-Politiker. Eine Strafanzeige sei hier nur ein erster Schritt. „Die Mitarbeiter in den Videos haben jeden Bezug zum Wert der Tiere als Lebenswesen verloren“, sagt Raschke. Hier brauche es dringend Nachschulungen in dem Unternehmen.

Aktiv geworden ist unterdessen der Landkreis Ostprignitz-Ruppin: Seine Amtstierärztin Simone Heiland hat zwei Mitarbeitern die für die Schlachtung von Tieren nötige Sachkundebescheinigung entzogen. Weitere Maßnahmen könnten folgen. „Für uns ist das absolut nicht nachvollziehbar, denn gerade der Mitarbeiter im Betäubungsbereich weiß ganz genau, wie ein Schwein tierschutzgerecht betäubt werden muss“, sagte Amtstierärztin Simone Heiland.

„Er war bei jeder Kontrolle derjenige, der die Tiere ruhig, schnell und schonend betäubte.“ Vor Weihnachten habe der Landkreis vom Deutschen Tierschutzbüro das vollständige Material erhalten. Dessen Prüfung werde aber noch einige Zeit in Anspruch nehmen.

Quelle Nordkurier