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Tierschützer protestieren

vor Zirkus in Rostock – Besucher reagieren teilweise genervt

ZirkusDer Zirkus Berolina hat am Sonntag seine letzte Vorstellung in Rostock gegeben. Zum Abschied protestierten Tierschützer vor dem Gelände gegen die Tierhaltung in Zirkussen. Die Reaktionen fielen unterschiedlich aus.

Rostock
Vor der Kasse des Circus Berolina in Lütten Klein hat sich am Sonntagnachmittag eine lange Schlange gebildet. In einer Stunde beginnt die letzte Vorstellung des Zirkus in Rostock.
Etwas abseits der Zuschauer stehen Mitglieder der Regionalgruppe Rostock der Tierschutzpartei und halten Schilder in den Händen. „Manege frei von Tierquälerei“, „Artgerecht ist nur die Freiheit“ und „Ihr Applaus für seine Angst“ ist darauf zu lesen. Ein Plakat zeigt einen traurigen Tiger, ein weiteres einen Elefant, der Kunststücke macht. Viele Besucher des Zirkus drehen sich um und schauen neugierig zu den Tierschützern.
„Da muss Gewalt im Spiel sein“
„Wir fordern die Abschaffung von Tieren und Tierdressur im Zirkus“, macht Sprecherin Janina Goldschmidt deutlich. „Eine Haltung im Zirkus ist nicht artgerecht. Den Tieren geht es hier nicht gut. Einen großen Elefanten kann man nicht auf so kleinem Gelände halten – man muss sich mal ansehen, wie der sich normalerweise in freier Wildbahn bewegt.“
Auch kleinere Pferde würden darunter leiden, eingepfercht zu werden – in kleine Ställe oder in einen Transporter, der sie von Spielstätte zu Spielstätte fährt. „Schlimm sind auch die Kunststücke, die die Tiere für Leckerlis machen müssen“, sagt Goldschmidt. „In der freien Wildbahn würde das kein Elefant machen – da muss vorheriger Futterentzug oder Gewalt im Spiel sein.“
Unterschiedliche Reaktionen
Goldschmidt hofft, die Besucher zum Umdenken zu bewegen. „Es heißt immer, der Zirkus sei beliebt, aber viele sind doch nur hier, weil sie Freikarten haben. Die wurden vom Zirkus großzügig verteilt“, sagt sie. „Die Tiere leiden trotzdem.“
Besucher, die zur Kasse wollen, laufen zuvor an den Demonstranten vorbei. Sie erhalten Flyer und werden von den Tierschützern angesprochen. „Natürlich haben wir uns schon Gedanken gemacht. Aber trotzdem gehen wir hin. Das ist schon nicht so gut“, räumt ein Familienvater, der anonym bleiben möchte, ein. „Vielleicht sollte man über Alternativen nachdenken.“ Ein anderer Mann zeigt hingegen kein Verständnis. „Protestiert ihr auch gegen Haustierhaltung?“, ruft er der Gruppe genervt zu. „Hier werden die Tiere wenigstens gepflegt.“ Goldschmidt schüttelt den Kopf. „Sehen Sie sich die Tiere doch einmal genauer an.“
Gemischte Reaktionen sind die Verantwortlichen gewohnt. „Teilweise reagieren die Angesprochen ablehnend und ziehen ihre Kinder schnell weg. Entweder, weil es ihnen unangenehm ist oder auch aus Bequemlichkeit – Tiere im Zirkus habe es ja schon damals gegeben“, sagt die zweite Landesvorsitzende der Tierschutzpartei, Seraphine Jörn. „Andere hören interessiert zu und machen sich Gedanken. Es gab auch schon Menschen, die daraufhin doch nicht in den Zirkus gegangen sind.“
Zirkus: Tieren geht es gut
Circus Berolina hat auf seiner Internetseite ein Statement zur Tierschutzdebatte veröffentlicht. „Seit jeher stehen hier die Tiere im Mittelpunkt, in und außerhalb der Manege. Mensch und Tier gehen dabei eine von gegenseitigem Vertrauen und Respekt getragene Partnerschaft ein“, heißt es. „Durch die Arbeit in der Manege während der Vorstellungen und Proben haben die Tiere eine Aufgabe und werden dabei geistig gefordert. Ein ,Veröden’ findet ganz gewiss nicht statt.“
In den vergangenen Jahrzehnten habe sich in Deutschland viel verändert – Bilder von kleinen Käfigabteilen entsprächen nicht mehr der Realität.
Viele europäische Länder verbieten Zirkustiere
Goldschmidt fordert, dass Zirkusse in Rostock nur noch ohne Tiere gastieren dürfen. Die Greifswalder Bürgerschaft stimmte im Februar mehrheitlich für einen Beschlussvorschlag. Demnach sollen auf städtischen Flächen keine Zirkusse mehr gastieren dürfen, die Wildtiere mit sich führen.
Dennoch schneide Deutschland im Vergleich zu vielen europäischen Ländern nicht gut ab. So haben bereits Bosnien-Herzegowina, Griechenland, Malta und Zypern generell alle Tierarten in der Manege verboten, unter anderem in Belgien, Bulgarien, Dänemark, England, Estland, Irland, in den Niederlanden und Norwegen herrscht ein Wildtierverbot. Am 29. September hat zudem die französische Umweltministerin angekündigt, Wildtiere in Zirkussen schrittweise zu verbieten.
Tierfreundliche Alternativen
„Wir wollen kein generelles Zirkusverbot, sondern tier- und menschenfreundliche Alternativen“, sagt Tierschützer Marvin Medau. Als positives Beispiel nennt die Regionalgruppe den Zirkus Roncalli, der Tiere komplett als dem Programm verbannt hat. Zu
sehen sind keine echten Tiere, sondern Hologramme, die von Laserbeamern auf ein hauchdünnes Netz projiziert werden.
„Ein weiteres Beispiel, dass Zirkus auch ohne Tiere funktioniert, ist der Circus Fantasia im Stadthafen“, sagt Goldschmidt. Dieser wurde 1996 als integratives Zirkusprojekt für Kinder und Jugendliche der Hansestadt Rostock gegründet. Geboten wird Musik, Theater und Tanz – alles ohne Löwe, Tiger und Elefant.

Quelle Ostseezeitung