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Demmin streitet weiter

den Fundtier-Erlass

FundtiererlassDemmin.Im politischen Geschehen Demmins werden Reizthemen gerne mehrfach von links nach rechts und wieder zurück gedreht. Kontroversen in den einzelnen Ausschüssen inklusive. Dass sich dabei jedoch der Umgang mit Fundtieren über Monate hinweg auf der Tagesordnung hält, ist neu. Ein entsprechender Antrag der städtischen IVD-Fraktion (Interessenverbund „Wir alle sind Demmin“) erhitzt dennoch weiterhin die Gemüter. Dabei sind die Kernfragen eigentlich längst geklärt. Demmin.
„Offensichtlich haben wir einen Sturm im Wasserglas mit unserem Antrag ausgelöst“, hieß es seitens der Fraktion im Anschluss an den Wirtschaftsförderungsausschuss am Dienstag. Und tatsächlich scheinen die Fronten bezüglich des Mitte Juli in Kraft getretenen Fundtier-Erlasses des Lands verhärtet. Während die Wählergemeinschaft darauf drängt, dass ihr Antrag in der städtischen Politik Gehör findet und von der Verwaltung umgesetzt wird, zieht diese sich auf eine grundsätzliche Anti-Haltung zurück.
Enorme Mehrkosten erwartet
Eine Auseinandersetzung, die jedoch auf einer schwierigen Diskussionsgrundlage beruht. Konkret stellte IVD-Mitglied Bernd Koltz am Dienstag erneut den Antrag: „Die Stadtvertretung beauftragt die Verwaltung, bis zum Jahresende eine Konzeption zum Umgang mit Fundtieren vorzulegen.“ Als Prämisse dafür solle die Fundtierverordnung dienen. Eine Erfüllung des jüngsten Fundtier-Erlasses ist damit indes ausdrücklich nicht gefordert, auch wenn die Stadt das bislang anzunehmen scheint.
Der Knackpunkt für das Thema ist laut Auffassung der IVD eine entscheidende Frage: „Wie ist die Haltung unserer Stadt zum Tierschutz?“ Gleichzeitig fragen sich die IVD-Vertreter, warum versucht wird, mit einem Aufwand von acht Seiten einen Antrag, der nur aus einem Satz besteht, abzubügeln.
Gemeint ist damit eine Stellungnahme der Stadtverwaltung, die sich grundsätzlich mit dem Fundtier-Erlass beschäftigt und klare Kante zeigt. Um Tierschutz als solchen geht es dabei weniger. Der Antrag sei aus rechtlicher Sicht schlicht nicht gedeckt. Sie empfiehlt daher, die Verhandlungen des Städte- und Gemeindetages Mecklenburg-Vorpommerns mit dem Innenministerium abzuwarten.
Anhand der offiziellen Stellungnahme wird jedoch die Stoßrichtung deutlich. Der Erlass in seiner jetzigen Form verstößt nach Ansicht der Verwaltung gegen geltende Gesetze – etwa gegen das Tierschutzzuständigkeitsgesetz, das, wie Ordnungsamtsleiter Jörg Küthe erklärt, Tierschutz zur Aufgabe der Landkreise mache. Auch unterstelle er entgegen des Fundrechts, dass es keine herrenlosen Fundtiere gebe. Wild lebende Katzen würden so zur Aufgabe der Ordnungsämter. „Man kann aber nicht pauschal für eine Spezies sagen, dass es von ihr keine herrenlosen ‚Sachen‘ gibt“, sagt Küthe.
Ganz zu schweigen von den finanziellen Konsequenzen für die Stadt. So zeigt unter anderem ein Rechenbeispiel, was auf die Demminer zukommt, sollte der Erlass umgesetzt werden: Ausgehend von sechs Hunden und zwölf Katzen, die das Ordnungsamt der Hansestadt in den vergangenen Jahren durchschnittlich in die Tierauffangstation eingewiesen hat, und den durch den neuen Erlass erwartungsgemäß hinzukommenden verwilderten Katzen, ergeben sich der Kalkulation zufolge Gesamtkosten von 164 252 Euro im Jahr. Dabei rechnet die Verwaltung aufgrund von schätzungsweise zwei Millionen verwilderten Katzen in der Bundesrepublik mit 220, die in Demmin und den dazugehörigen Ortsteilen leben. Es sei sogar davon auszugehen, dass es noch mehr seien, heißt es in der Stellungnahme.
Um die aufgeführten Kosten zu decken, wäre den Angaben zufolge eine Pauschale von 15 Euro pro Einwohner nötig. Im Erlass ist dagegen eine Pro-Kopf-Pauschale von 1,25 Euro vorgeschlagen. Die Idee, die Kosten über das Finanzausgleichsgesetz abfangen zu wollen, tröstet die Stadtverwaltung nicht.
Falsches Signal an Tierhalter
Des Weiteren wird kritisiert, dass durch den Erlass das Aussetzen von Haustieren praktisch legalisiert werde. So lasse die Vorschrift außer Acht, dass Tiere ausgesetzt werden beziehungsweise Besitzer entlaufener Haustiere sich nicht melden. Nach dieser Logik müssten die Veterinärämter in solchen Fällen nicht mehr ermitteln. „Wenn man jetzt pauschal davon ausgeht, dass alle Haustiere Fundtiere sind, es also gar keine ausgesetzten Tiere gibt, ginge der Straftatbestand verloren“, argumentiert Küthe. Ein Punkt, der seinerseits in Konflikt mit dem Tierschutz stehen würde.
Eine klare Ablehnung des Fundtier-Erlasses also, konform mit der Position des Städtetages. Wenn auch nicht ausdrücklich als solche bezeichnet, impliziert die Verwaltung mit der Stellungnahme bereits die von der IVD geforderte Konzeption. Wie sich der Kampf um den Antrag weiter ausgestalten wird, ist allerdings offen. Zumindest im Finanzausschuss soll das Thema nach derzeitigem Stand noch einmal auf der Tagesordnung landen. Im Wirtschaftsförderungsausschuss wurde der Antrag indes schon mehrheitlich vom Tisch gewischt.

Quelle Nordkurier