SpendenButton

Tierheim

übernimmt Laborratten

RattenTierschutzbund in MV holt 80 Nager aus umstrittenem LPT-Labor in Hamburg nach Schlage und verteilt sie auf weitere Standorte.

Von Katharina Ahlers
Schlage. Neugierig klettert eine Ratte an den Gitterstäben ihrer Voliere hoch und schnuppert vorsichtig ihre Umgebung ab. „So langsam tauen die Tiere etwas auf und laufen umher“, sagt Tierpfleger Sebastian Thamm. „Die erste Zeit waren sie sehr schreckhaft und haben sich nur zusammen verkrochen.“ Auf dem sonst weißen Fell haben die Nager einen rosafarbenen Streifen. „Das ist eine Markierung aus dem Labor“, erklärt Thamm.
Die insgesamt 14 Ratten, die seit Montag im Tierheim Schlage untergebracht sind, wurden am Montag aus dem umstrittenen Tierversuchslabor der Firma Laboratory of Pharmacology and Toxicology (LPT) in Hamburg-Neugraben gerettet. Der Deutsche Tierschutzbund hatte seine Mitgliedsvereine aufgerufen, die letzten verbliebenen Tiere – rund 1000 Ratten und Mäuse – zu übernehmen und auf Tierheime zu verteilen. Auch MV beteiligte sich an der Aktion. Gemeinsam mit dem Tierschutzverein Demmin und Umgebung sind auch Tierschützer des Rostocker Tierschutzvereins nach Hamburg gefahren, um 80 Tiere für MV aufzunehmen.

Herausforderung für Tierheime
Die Aufnahme der Ratten stellt die Tierheime einmal mehr vor Herausforderungen. „Allein der Transport musste genau organisiert werden – man muss die Nager in sichere Transportbehälter, die sie nicht durchnagen können, setzen“, nennt Thamm ein Beispiel.
Die 80 Tiere wurden zunächst alle nach Schlage gebracht und dort auf die Tierheime des Landes verteilt. Für viele der Einrichtungen ist es die erste Aufnahme von Ratten und Mäusen. „Das musste zunächst mit den Veterinärämtern abgeklärt werden“, sagt Kerstin Lenz vom Landesverband MV des Deutschen Tierschutzbundes. „Es musste ge klärt werden, ob sie die Möglichkeiten zur Quarantäne haben und die Tiere artgerecht halten können.“ Alles sei besser als das, was die Tiere bisher erlebt haben. „Die wurden in kleinen sterilen Plastikboxen gehalten – teilweise in großen Gruppen auf kleinem Raum“, sagt Lenz. Sie betont, dass die Jungtiere nicht für Tierversuche benutzt wurden. „Ratten werden nach den Tests meist getötet.“

Tierheim braucht Spenden
Die 14 Tiere, die in Schlage geblieben sind, leben nun in kleinen Gruppen verteilt auf mehrere Rattenvolieren. „Wir haben die erst mal mit den Sachen eingerichtet, die wir haben. Das wird jetzt noch aufgestockt“, sagt Thamm. „Das kam ja ziemlich plötzlich. Jetzt haben wir eine Großbestellung an Rattenzubehör aufgegeben. Alles, was wir anschaffen können, um das Leben ab jetzt besser zu machen, ist hilfreich.“
Bevor sie vermittelt werden, steht den ausschließlich männlichen Tieren noch die Kastration bevor.

Labor-Standorte geschlossen
Tierschützer hatten im vergangenen Oktober aufgedeckt, dass im Labor der Firma LPT im niedersächsischen Mienenbüttel Hunde und Affen bei Tierversuchen misshandelt werden. Ein Aktivist hatte sich als Mitarbeiter eingeschlichen und Aufnahmen von schreienden Affen und blutverschmierten Hunden gemacht. Mitte Januar wurde dem Labor die Erlaubnis zur Tierhaltung entzogen.
Auch dem Labor am Hauptsitz der Firma in Hamburg-Neugraben hatte die Gesundheitsbehörde im Februar mit sofortiger Wirkung die Erlaubnis entzogen, dort Tiere zu halten. „Nachdem wir befürchtet hatten, die Ratten und Mäuse könnten als Lebendfutter enden, sind wir jetzt sehr erleichtert, dass sie schlussendlich in die Hände des Tierschutzes gekommen sind“, sagt Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes. „Die ehemaligen Versuchstiere haben ein Leben ohne weiteres Leid verdient.“

Ratten2Tiere sollen vermittelt werden
Stattdessen sollen die Nager bald ein neues Zuhause finden. Nach der vorgeschriebenen Quarantänezeit werden sie in die normale Vermittlung aufgenommen. „Ratten sind sehr soziale Tiere und sollten keinesfalls allein gehalten werden“, sagt Lenz. „Außerdem sind es sehr neugierige und intelligente Tiere, die eine große Voliere und viel Beschäftigung brauchen – einen Röhrentunnel, Möglichkeiten zum Graben und zum Klettern.“ Aufgrund ihres jungen Alters könne man die Tiere noch gut an Menschen gewöhnen. „Laborratten sind eine besondere Spezies. Sie sind sehr umgänglich und zahm und nicht so beißwütig“, so Lenz.

Die Tierschützerin spricht sich klar gegen Tierversuche aus: „Forschung ja, Tierversuche nein. Es gibt heute Alternativen. Man muss dafür keine Lebewesen quälen.“

Quelle: Ostseezeitung