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BUND und Bürgerinitiative

klagen gegen Megaställe in Fienstorf

Staatliche Umweltbehörde hat Widerspruch gegen Bau der Hähnchenmastanlage abgewiesen / Nun ziehen Gegner vor Gericht und wollen Tierfabriken am Ortsrand verhindern

Von Doris Deutsch
Fienstorf. Der Streit um die geplante Hähnchenmastanlage am Ortsrand von Fienstorf geht in die nächste Runde. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat gemeinsam mit der Bürgerinitiative „Pro Vita“ Klage beim Verwaltungsgericht Schwerin gegen die Genehmigung einer Megastallanlage für die Mast von 1,4 Millionen Hähnchen pro Jahr eingelegt. Die industrielle Mastanlage soll im Abstand von 400 Metern zur Wohnbebauung entstehen.

BUNDBUND2Schon vor einem Jahr hatte der BUND diesen Schritt angekündigt, jedoch noch die Reaktion des Staatlichen Amtes für Landwirtschaft und Umwelt Mittleres Mecklenburg (Stalumm) auf den Widerspruch des BUND gegen die 2016 erteilte Baugenehmigung abgewartet. „Dieser Widerspruch wurde im Dezember 2019 abgewiesen“, erklärt BUND-Landesgeschäftsführerin Corinna Cwielag, daher sei nun der Eilantrag beim Verwaltungsgericht Schwerin gestellt worden. „Wir wollen und werden den Bau dieser Fabrik verhindern“, betont Cwielag.

Der BUND moniert die schädlichen Umweltwirkungen durch luftgetragenen Stickstoff auf umliegende Biotope, wie kleine Seen und einen nahe gelegenen Wald, Lärmbelastungen durch Lüfter in Kombi nation mit einer Biogasanlage und die Belastung durch Bioaerosole für Anwohner. „Es wird stinken“, bringt es Cwielag auf den Punkt. Aus den Anlagen würden nicht nur Unmengen an Feinstaub, sondern auch Krankheitskeime in die Luft geblasen.

Bei 180 000 Tierplätzen in sieben bis acht Mastdurchgängen pro Jahr sieht Cwielag zudem den Tierschutz und den Brandschutz verletzt. In der Anlage dürfen 20 Hähnchen pro Quadratmeter gehalten werden. „Insgesamt 39 Kilogramm, 36 Tage lang auf einem Quadratmeter Boden“, erklärt Cwielag. Die Tiere säßen zwar auf Stroh, aber das wird „ihr Leben lang nicht ausgewechselt“, führt die Landeschefin vor Augen. Bei den Hähnchen handle es sich um schnellwachsende Hybriden, die vor allem an Brust und Keulen zulegen. „Die Tiere können zum Schluss gar nicht mehr laufen, reiben sich in der Enge die Federn ab, von Tierschutz kann da keine Rede sein“, sagt Cwielag. Die Umweltbehörde Stalumm indes sieht durch die Anlage „keine schädlichen Umwelteinwirkungen, sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen“ entstehen.

Die „Erfüllung der Vorsorgepflicht sei sichergestellt“, heißt es in der Begründung gegen den Widerspruch. „Das können wir nicht hinnehmen“, empört sich die 2011 gegründete Bürgerinitiative in der Gemeinde Broderstorf. „Nach mehr als sieben Jahre dauernder demokratischer Auseinandersetzung gegen diese Art der industriellen Landwirtschaft, und auch in Hinsicht auf die politische Entwicklung und Klima- und Umweltsituation in der Welt, speziell in unserem Land, betrachten wir es als ungeheuerlich, dass ein Widerspruch gegen eine Massentierhaltungsanlage mit dieser Begründung zurückgewiesen wird“, sagt Eva- Maria Leonhardt von „Pro Vita“.

Laut Stalumm sei der Tierschutz gewährleistet. „36 Tage stehen die Tiere auf ihren eigenen ‚Hinterlassenschaften‘ ohne Sitzstangen mit kupierten Schnäbeln auf einer drei viertel Dina-4-Seite Fläche pro Huhn. Was ist das für ein Tierschutz?“, fragt sich nicht nur Leonhardt. Auch die Bürgerinitiative weist in ihrer Erklärung auf die Abluftprobleme der Anlage hin. „Wir sollen einverstanden sein, dass man noch mehr Antibiotika an die Tiere verfüttert, damit sie möglichst schnell fett, unbeweglich und ohne intaktes Immunsystem sein werden“, heißt es von Pro Vita.

Seit 2011 wehren sich die Einwohner der Gemeinde Broderstorf gegen die geplante Industrieanlage. Die Gemeinde hatte wegen starker Verkehrsbelastung und unzureichender Zuwegungen über kleine Gemeindestraßen das Einvernehmen zum Bauvorhaben versagt. „Wir haben uns sehr lange bemüht, um zu einem guten Ergebnis, möglicherweise sogar zu einem Kompromiss in dieser Angelegenheit zu kommen“, teilt die Pro-Vita-Sprecherin mit. „Petitionen, Briefe, Fragen, Aufdeckungen von Unstimmigkeiten, auch juristischer Art, wurden von unseren Politikern ausgesessen, nicht beantwortet. Damit ist jetzt Schluss“, erklärt Leonhardt. BUND-Landeschefin Cwielag ist zuversichtlich, den Gerichtsprozess zu gewinnen. Der Umweltbund habe schon mehrere industrielle Anlagen ausbremsen oder verhindern können. Beispielsweise in Wattmannshagen bei Teterow mit 200 000 Hähnchen pro Durchgang. Am 22. Januar wird am Verwaltungsgericht Schwerin die Klage des BUND gegen die Genehmigung einer Hähnchenmastanlage in Wardow am Recknitztal bei Laage verhandelt werden, wo in bis zu acht Durchgängen pro Jahr mehr als eine halbe Million Hähnchen gemästet werden sollen.

Gestern wurde laut Cwielag in Greifswald über eine Mastanlage mit über 400 000 Tierplätzen in der Gemeinde Groß Miltzow befunden. „Da erhoffen wir uns noch viele neue Erkenntnisse für das Verfahren zu Fienstorf“, kündigt Cwielag an.

Quelle Ostseezeitung