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Überraschung

aus der Tüte

Gerichtsreport2Schweriner Amtsrichter vertagt Verhandlung zum Plauer Tierschutzverein – neu aufgetauchte Zahlungsbelege müssen geprüft werden

SCHWERIN/PLAU AM SEE Wohin floss das verschwundene Geld des Plauer Tierschutzvereins? Richter Thomas Diekmann schaut zur Anklagebank, wo Achim J. neben seinem Rechtsanwalt sitzt. J. wird durch die Staatsanwaltschaft Schwerin beschuldigt, als ehemaliger Vorsitzender des Plauer Tierschutzvereins Geld veruntreut zu haben. Ein Schuldenberg von 42 000 Euro führte zur Insolvenz des Vereins und zur Schließung der Plauer Tierstation.

Richter Diekmann fragt J.: „Haben Bargeldabhebungen stattgefunden oder nicht? Bei der letzten Verhandlung haben sie dies noch verneint“. Der Angeklagte J. sagt, er könne sich nicht genau erinnern. Der Richter blättert in seinen Unterlagen. Dort stehe, dass J. mehrere tausend Euro auszahlen ließ. Doch J. bezweifelt, dass seine Unterschrift auf den Belegen zu finden sei. Richter Diekmann blättert erneut und sagt: „Ausgezahlt an Achim J., steht hier“. Der Angeklagte ist kurz still.

Er räumt ein, dass das Bargeld doch ausgezahlt wurde. Richter Diekmann fragt: „Wo ist das Geld des Tierschutzvereins? Die Unterlagen zeigen nicht, ob es für den Verein ausgegeben wurde“. An dieser Stelle war die Verhandlung im Schweriner Gericht zu Ende, ehe sie wirklich begann. Eigentlich sollten an diesem Tag wichtige Zeugen sprechen, unter anderem Uta Kaßler, die ehemalige Kassenwartin. Doch das Durcheinander wuchs weiter.

Achim J. erwiderte dem Richter, dass das Geld zwar ausgezahlt, aber korrekt für den Tierschutzverein ausgegeben wurde. „Die Zahlungsbelege sind da“, sagt er mit Nachdruck.Gerichtsreport

Wo sind die Ordner mit den Zahlungsbelegen, fragte der Richter erneut. Achim J. zeigt plötzlich auf einen roten Hefter vor sich auf dem Tisch. „Geben sie den Ordner an das Gericht, die Belege sind doch entscheidend“, fordert der Richter den Angeklagten auf.

Auch damit war die verwirrende Beweisaufnahme noch immer nicht abgeschlossen. Der Rechtsanwalt von Achim J. zeigt plötzlich in den Zuschauerbereich, wo eine Tüte mit mehreren Ordnern steht. „Vielleicht sind dort auch Zahlungsbelege drin“, sagt der Rechtsbeistand. Richter Thomas Diekmann reagiert mit Unverständnis: „Wenn sich Zahlungsbelege in verschiedenen Ordnern befinden , ist keine Beweisaufnahme möglich“. Licht ins Dunkel bringen soll nun Uta Kaßler. Das Gericht ruft die geladene Zeugin in den Verhandlungssaal. Der Richter fragt sie, ob ihr die Unterlagen im Zuschauerbereich gehören würden. „Ja, diese habe ich mehrfach den verschiedenen Kriminalpolizisten gezeigt, aber ich sollte sie immer wieder mitnehmen. Deshalb habe ich sie nochmal mitgebracht“, sagt sie.

An diesem Punkt ist der Richter sichtlich genervt. Diekmann fordert nach J. auch Kaßler auf, die Unterlagen dem Gericht zu überreichen. Nachdem alle Ordner, die im Saal 2 des Schweriner Amtsgerichts kursierten, als Anlagen im Gerichtsprotokoll aufgenommen sind, bricht der Richter die Verhandlung ab: „Ohne die Belege gesichtet zuhaben, kann ich heute keine Zeugen vernehmen“. Damit geht der Prozess um den Plauer Tierschutzverein in die nächste Runde. Richter Diekmann vertagte die Verhandlung auf Ende März. Erst dann wird sich zeigen, wohin das Geld wirklich floss.

Quelle: SVZ