SpendenButton

Altentreptows Tierretterin – 100 Prozent

Ehrenamt, aber kaum Geld auf dem Konto

Altentreptow2Sie ist in Altentreptow polizeibekannt – im positiven Sinne. Egal, zu welcher Uhrzeit ein Tier in Not von der Polizei aufgegriffen wird, wählen die Beamten die Nummer von Silke Greier. Sie leitet seit 2018 für den Tierschutzverein Altentreptow das dortige Tierheim. Dort herrscht zurzeit wieder einmal Ausnahmezustand: Eine Katzenschwemme füllte alle freien Plätze, weshalb jetzt keine Katzen mehr aufgenommen werden können.
Hochzeit der Schwester unterbrochen
Silke Greiers Tag beginnt morgens gegen halb sieben, damit sie um 8 Uhr mit ihrer Arbeit im Tierheim anfangen kann. Die Hunde müssen bewegt und wie auch die Katzen gefüttert werden, die tierischen Patienten der Krankenstation zusätzlich verarztet. Damit sind Greier und ihre ehrenamtlichen Helfer gegen 13 Uhr fertig. Danach beginnt für sie die Büroarbeit, anschließend der erneute Auslauf für die Hunde nebst Fütterung. Wenn die Tierheimleiterin danach die Tore schließt, ist nicht unbedingt Feierabend. Es könnte ja noch ein Fundtier aufgegriffen werden. Das bedeutet für sie, auch mal zu einem Nachteinsatz rausfahren oder – wie geschehen – die Hochzeit ihrer Schwester zu unterbrechen. „Im Durchschnitt arbeite ich täglich acht Stunden und das sieben Tage die Woche. Einmal habe ich auch schon einen verletzten Hund die Nacht über betreut“, sagt Silke Greier.
Wer jetzt denkt, dass die Tierheimleiterin für so viel Engagement ein gutes Gehalt erhält, irrt aber gewaltig. Wie ihre Helfer arbeitet auch Greier hauptsächlich ehrenamtlich und wird laut eigener Aussage vom Tierschutzverein auf 451-Euro-Basis für eine wöchentliche Arbeitszeit von sechs
Stunden bezahlt. Somit ist sie sozialversichert, bekommt aber nur 404 Euro und eine Aufstockung durch Hartz IV ausgezahlt.
Grundeinkommen für Ehrenamtliche
Geboren wurde sie 1985 in Neubrandenburg und wollte mit 17 Jahren Fotografin bei der Polizei werden. Weil sie noch nicht volljährig war, hätte sie ein Jahr warten müssen. So machte die Realschülerin stattdessen eine Ausbildung als Kauffrau im Einzelhandel, wurde aber trotz bestandener Prüfung 2005 nicht übernommen. Sie fand Arbeit in einem Callcenter, doch 2014 wurde der Standort Neubrandenburg geschlossen. Sie zog zu ihrem Freund nach Altentreptow und fing an, ehrenamtlich fürs Tierheim zu arbeiten. Nachdem dessen erste Leiterin wegen einer besseren Bezahlung den Job gewechselt hatte und auch die Nachfolgerin nicht lange blieb, übernahm Silke Greier 2018 die Leitung des Tierheims.
Angesprochen auf ihren niedrigen Lohn antwortet sie: „Für solche ehrenamtliche Arbeit sollte es ein Grundeinkommen geben, von dem man auch sein Leben bezahlen kann. Damit würde die Gesellschaft sich für die getane Arbeit bedanken. In unserem Fall kümmern wir uns um die Tiere, halten die Stadt frei.“
Könnte die Stadt Altentreptow dann nicht eine Stelle schaffen? Bürgermeisterin Claudia Ellgoth sieht hierfür keine Chance. Sie hebt hervor, dass die Stadt mit dem Tierschutzverein einen Vertrag hat, in dem alles geregelt ist, und nicht zuständig dafür ist, dass die Tierheimleiterin ein entsprechendes Gehalt bekommt. Zudem wird dem Verein das Tierheimgelände kostenlos zur Verfügung gestellt. „Nach Inkrafttreten des neuen Fundtiererlasses durch die Landesregierung haben wir außerdem die Pauschale für das Tierheim erhöht. Diese stieg von einem Euro auf 2,50 Euro je Einwohner, dazu kommen noch die umliegenden Gemeinden. Ich hoffe, dass jetzt die Tierheimleiterin fair bezahlt wird“, so Claudia Ellgoth.
Besser bezahlter Job aktuell unvorstellbar
Leider sei das noch nicht der Fall, wie Susann Räth, Vorsitzende des Tierschutzvereins Altentreptow, erklärt. Zwar komme das Geld zur richtigen Zeit und auch die Summe sei angemessen, es steigen aber zurzeit die Kosten für Energie ins Uferlose. Gleichzeitig ist in dieser Krisenzeit auch die Spendenhöhe eingebrochen, die Tierarztkosten derweil arg gestiegenen. Sie würde gerne Silke Greier einen leistungsgerechten Lohn zahlen, sagt sie, könne aber den Verein nicht in den Ruin treiben.
Silke Greier sagt indes, dass sie es nicht übers Herz bringen könnte, das Tierheim für einen besser bezahlten Job zu verlassen. Ihre Vereinsvorsitzende könnte einen solchen Schritt verstehen, stellt aber auch eine Verbesserung in Aussicht: „Wir sind sehr froh, dass wir Silke als Tierheimleiterin haben. Sie ist mit ganzem Herzen dabei. Dass sie einen leistungsgerechten Lohn erhält, steht ganz oben auf der Prioritätenliste. Das möchten wir zum Anfang des nächsten Jahres umsetzen, dürfen dabei aber nicht die Preisentwicklung außer Acht lassen“, sagt Susann Räth.

Quelle: Nordkurier