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Tierschutz in Wismar:

Warum alle Freigänger-Katzen kastriert werden sollen

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Tierschützer fordern, dass alle freilaufenden Katzen in Nordwestmecklenburg kastriert und gekennzeichnet werden. Das Bündnis 90/Die Grünen hat deshalb nun einen entsprechenden Antrag an den Kreistag gestellt. Weshalb sie das für dringend nötig hält, hat die Vorsitzende des Tierschutzvereins Wismar und Umgebung der OZ erklärt.

Wismar. Müssen künftig alle freilaufenden Katzen in Nordwestmecklenburg kastriert werden? Ja, wenn es nach der Kreistagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen geht. Sie haben das Thema jetzt auf die Tagesordnung gesetzt – zur Freude vieler Tierschützer. Die fordern das bereits seit Langem und auch, dass Freigänger-Katzen von ihren Besitzern gekennzeichnet und kastriert werden. Denn die Freigänger zeugen mit freilaufenden Katzen neuen Nachwuchs.

Ziel der Tierschützer ist es, den Bestand einzudämmen. Denn der ist hoch: Zurzeit sind im Kreisgebiet schätzungsweise 17 500 freilebende Katzen unterwegs. Und: Eine Katze kann im Jahr dreimal Junge werfen – mit jeweils sechs bis acht Babys.

65 bis 120 Euro
„Es muss dringend etwas passieren, um das Problem in den Griff zu kriegen“, betont Meike Gutzmann, Vorsitzende des Tierschutzvereins Wismar und Umgebung. Sie betreibt das Tierheim in Dorf Mecklenburg und hat 2019 insgesamt 79 Tiere kastrieren lassen sowie 144 Katzenbabys aufgepäppelt. 2020 sind es vermutlich noch mehr Katzenbabys gewesen, die genaue Zahl liegt aber noch nicht vor.

Tierschutz Wismar2„Das, was die Tierschutzvereine leisten, reicht bei Weitem nicht aus. Jeder Katzenbesitzer, der sein Tier draußen umherlaufen lässt, muss auch Verantwortung übernehmen“, fordert Meike Gutzmann. Sie hofft, dass der Antrag von Bündnis 90/Die Grüne im Kreistag eine Mehrheit findet und mit den Freigänger-Katzen ergänzt wird. Die Grünen planen erstmal nur einen Appell an Katzenbesitzer, die ihre Tier raus lassen.

Wie die Tierschützerin mitteilt, sind die Behandlungskosten hoch: Für die Sterilisation einer Katze fallen 120 Euro an, für die Kastration eines Katers 65 Euro. Rund 5809 Euro sind dadurch allein im vergangenen Jahr für den Tierschutzverein Wismar und Umgebung angefallen.

Hungrig und krank
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Frei laufende Katzen leiden oft unter Krankheiten. Quelle: privat Neben dem vielen Tiernachwuchs gibt es weitere Probleme: Häufig leiden freilaufende Katzen an Hunger und Krankheiten, weil sich niemand um sie kümmert. Und sie können öffentliche Orte, wie zum Beispiel Spielplätze, verdrecken und damit auch die Gesundheit von Menschen gefährden. „Eine Regulierung des Bestands kann unnötiges Tierleid verringern und stellt eine präventive Hygienemaßnahme dar“, begründet Fraktionsmitglied Mathias Engling den Antrag. Der steht bei der nächsten Kreistagssitzung am 18. Februar zur Diskussion.

Laut der Fraktion Bündnis 90/Die Grüne hätten sich diverse Tierschutzvereine und -verbände (Lottihof für Kinder und Tiere, Tierschutz Roggendorf und Umgebung, Kastration und Schutz von herrenlosen Katzen, Tierschutzverein Wismar und Umgebung) 2019 gemeinsam an die Kreisverwaltung gewandt. Ihr Wunsch: die Einführung einer Kastrations-, Sterilisations- und Kennzeichnungspflicht für freilaufende Katzen sowie eine Verordnung zum Schutz freilebender Katzen. Diese sei jedoch ohne Antwort geblieben und nicht weiterbearbeitet worden.

Kerbe im Ohr
Bei Kastrationsaktionen sollten freilebende Katzen neben dem Transponder auch äußerlich sichtbar gekennzeichnet werden, fordert der Tierschutzbund. Eine solche maximal ein Zentimeter große Kerbe im Ohr helfe, die Tiere schon aus der Ferne als kastriertes Tier von anderen noch unkastrierten Katzen zu unterscheiden. So muss man die scheuen Tiere nicht dem enormen Stress des Einfangens und Handlings aussetzen, um festzustellen, ob sie kastriert oder anderweitig gekennzeichnet sind. Der Eingriff wird zusammen mit der Kastration in Vollnarkose durchgeführt und ist daher für die Katzen nicht mit Schmerzen verbunden.

Ursachen des großen Bestandes sind auch Katzen mit Freigang aus Privathaushalten, die mit frei lebenden Katzen immer neue Nachkommen zeugen.

Geld vom Landkreis
„Das ist sehr bedauerlich, denn es wäre wünschenswert, alle ehrenamtlich tätigen Vereine und Verbände in die Überlegungen und Konzepte, wie die Population der freilebenden Katzen einzudämmen ist, einzubeziehen. Mit unserem Antrag wollen wir den ersten Schritt unternehmen und auf dieses allgegenwärtige Problem im Bereich des Tierschutzes aufmerksam machen. Es liegt in unserer Hand, das Leiden der Tiere zu vermeiden und der Allgemeinheit viele Kosten zu ersparen“, sagt Miro Zahra (Bündnis 90/Die Grünen).

Wie Meike Gutzmann berichtet, hätte es zwar keine zufriedenstellende Antwort gegeben, aber trotzdem Unterstützung: Seither bezuschusst der Kreis die Tierheime mit 10 000 Euro im Jahr. „Das hilft uns sehr, den Betrieb aufrechtzuerhalten“, betont sie. Dennoch: Das Problem der freilaufenden Katzen sei groß. Bei der Vielzahl der Tiere und ihres Nachwuchses reiche die finanzielle Unterstützung, die das Land und der Deutsche Tierschutzbund zur Verfügung stellen, längst nicht aus.

30 000 Euro gibt das Land jährlich, der Tierschutzbund nochmal die gleiche Summe. Das Geld ist aber für alle Tierschutzvereine in Mecklenburg-Vorpommern gedacht. Wichtig sei es deshalb auch, dass Besitzer ihre Tiere elektronisch kennzeichnen müssen, denn auch sie würden schwangere Tiere oftmals vor die Tür setzen, berichtet Meike Gutzmann.

Eine Katzenschutzverordnung, wie sie in Nordwestmecklenburg geplant ist, gibt es bereits im Landkreis Rostock und in der Hansestadt Rostock.

Quelle Ostseezeitung